Genesis 1,6–8
Eigene Übersetzung
- Und Gott sprach: Feste sei inmitten des Wassers. Und es sei eine Trennung zwischen Wasser und Wasser.
- Und Gott machte die Feste, und er trennte das Wasser, das unter der Feste ist, von dem Wasser, das über der Feste ist. Und es war so.
- Und Gott nannte die Feste Himmel. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen, zweiter Tag.
Kommentar
Jeder Israelit zur Zeit Moses wird wohl ganz klar verstanden haben, was hier beschrieben wird: Gott machte ein festes Himmelsgewölbe, sodass das Wasser, das er vom Urmeer abtrennte und über diese feste Wölbung setzte, dort festgehalten wird.
Hier wird klar ein flache-Erde-Weltbild beschrieben, auf eine Weise, wie es damals im Alten Orient weit verbreitet war.
Ich habe viele Erklärungen gehört, warum hier etwas anderes beschrieben wird — von einer Wolkendecke bis hin zu einer Eisschicht um die Erde, die das Licht anders bricht.
Das mag möglich sein, vielleicht hat Gott am zweiten Tag tatsächlich eine Art schützende Schicht geschaffen, die das Klima stabilisierte.
Aber: Das ist nicht, wohl nicht was die ersten Hörer hier verstanden haben werden. Die Wortwahl des Textes entspricht sehr stark dem damals gängigen mythologischen Weltbild einer flachen Erde.
Ich kann verstehen, dass viele (evangelikale) Christen nach Wegen suchen, das wegzuerklären. Es scheint undenkbar, dass Gottes inspiriertes Wort eine Beschreibung nutzt, die nicht dem modernen naturwissenschaftlichen Weltbild entspricht.
Aber wenn wir den Text umdeuten, statt ihn sprechen zu lassen, dann verlieren wir die Chance zu sehen, was er wirklich sagen will.
Die Frage sollte nicht sein:
„Wie kann ich den Text in mein heutiges Weltbild uminterpretieren?“
sondern:
„Warum lässt Gott Mose es so beschreiben?“
Und hier scheint es nicht um Naturwissenschaft zu gehen.
Die Bibel will uns Gott zeigen — nicht in erster Linie den Aufbau der Erde.
Gott wusste selbstverständlich, dass die Erde ein Planet unter vielen ist. Und wahrscheinlich wusste sogar Mose das —schließlich lernte er am Königshof der astronomisch starken Ägypter.
Dennoch nutzt der Text nicht die wissenschaftliche Sprache der Gelehrten, sondern das Verständnis des einfachen Volkes, das in Bildern dachte, die ihm vertraut waren.
Das ist kein Fehler, sondern Absicht.
Ich sehe hier einen Gott, der beziehungsorientiert ist.
Der nicht zuerst belehrt, sondern abholt.
Der in Bildern spricht, die verstanden werden können.
Die Bibel wurde nicht geschrieben, damit wir Experten in Kosmologie werden.
Sondern damit wir Gott erkennen, der spricht, trennt, ordnet und behütet.
Darum sollten wir weniger fragen:
„Wie muss der Text sein, damit er in mein Weltbild passt?“
und mehr:
„Was möchte Gott mir über sich sagen?“

Fragen zum Nachdenken
- Wie gehst du persönlich damit um, dass hier ein flache-Erde-Bild verwendet wird?
Muss der Schöpfungsbericht deiner Meinung nach naturwissenschaftlich exakt sein? - Wie empfindest du Menschen, die sich auf das Niveau ihres Gegenübers einstellen können, ohne jedes Detail zu korrigieren?
Was sagt es über Gott, dass er hier genau so handelt? - Kannst du der Bibel vertrauen, auch wenn sie nicht in der Sprache und dem Wissen des 21. Jahrhunderts schreibt?
One Reply to “Wasser über dem festen Himmelsgewölbe”