Genesis 50,15–26

Eigene Übersetzung

  1. Und die Brüder Josephs sahen, dass ihr Vater gestorben war und sprachen: Wenn nun Joseph uns anfeindet und gewisslich all das Böse auf uns zurückbringen wird, das wir ihm getan haben.
  2. So ließen sie Joseph sagen: Dein Vater hat vor seinem Tod geboten:
  3. So sollt ihr zu Joseph sprechen: Bitte hebe doch das Vergehen deiner Brüder und ihre Sünde auf, dass sie dir Böses angetan haben. Und nun, hebe doch das Vergehen der Knechte des Gottes deines Vaters! Und Joseph weinte, als sie zu ihm redeten.
  4. Und auch seine Brüder gingen, fielen vor ihm nieder und sprachen: Siehe, wir sind deine Knechte.
  5. Und Joseph sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes Stelle?
  6. Ihr habt zwar Böses gegen mich beabsichtigt, Gott aber hat beabsichtigt, es zum Guten zu bringen, damit er tue, wie es an diesem Tag ist: um ein großes Volk am Leben zu erhalten.
  7. Und nun, fürchtet euch nicht! Ich werde euch und eure Kinder versorgen. Und er tröstete sie und redete zu ihren Herzen.
  8. Und Joseph wohnte in Ägypten, er und das Haus seines Vaters. Und Joseph wurde einhundertzehn Jahre alt.
  9. Und Joseph sah Ephraims Söhne bis zur dritten Generation; auch die Söhne Machirs, des Sohnes Manasses, wurden auf Josephs Knien geboren.
  10. Und Joseph sprach zu seinen Brüdern: Ich sterbe; aber Gott wird euch gewiss heimsuchen und euch aus diesem Land hinaufführen in das Land, das er Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat.
  11. Und Joseph ließ die Söhne Israels schwören: Gott wird euch gewiss heimsuchen; dann bringt meine Knochen von hier herauf.
  12. Und Joseph starb, einhundertzehn Jahre alt, und sie balsamierten ihn ein und legten ihn in eine Kiste in Ägypten.

Gedanken zum Text

Nun endet das Buch recht schnell. Obwohl Josephs Geschichte im Buch der Patriarchen recht lang war, steht sein Tod unmittelbar nach dem seines Vaters. In Ägypten selbst schien dann nichts mehr wichtig genug, berichtet zu werden – außer dass Joseph seinen Brüdern die Vergebung noch einmal zusicherte.

Die Übersetzung klingt teilweise holprig. Das liegt daran, dass viele grammatische Verbindungen, für die wir unterschiedliche Verbformen oder Hilfswörter verwenden, im Hebräischen identisch aussehen können. Ich versuche hier meist die wörtlichste Übersetzung zu wählen, sodass der Leser selbst überlegen muss, wie es gemeint ist – aber dadurch die hebräische Struktur besser sieht.
Eine solche Übersetzung wäre als primäre Lesebibel ungeeignet, noch weniger als die bereits recht genaue Elberfelder. Beim Bibelstudium kann es jedoch hilfreich sein, so nah am Urtext zu bleiben (vorausgesetzt, man versteht die grammatischen Eigenheiten der Ursprache).

Wir hören nicht, dass einer der Brüder Josephs ebenfalls in Kanaan begraben werden wollte. Hier bleibt Joseph klar der vierte in der Linie nach Abraham, Isaak und Jakob – auch wenn er später nicht zum Stammesoberhaupt wird. Interessant ist, dass gerade derjenige am stärksten an der Verheißung festhält, der am wenigsten Zeit in Kanaan verbracht hatte.

Auch stellt sich die Frage, ob Joseph deshalb in Ägypten im Sarg blieb, weil es seinen Nachkommen nicht möglich gewesen wäre, ihn wie Jakob zu bestatten, oder ob er bewusst wollte, dass er erst zusammen mit Gottes Volk bei dessen Auszug aus Ägypten ins verheißene Land gelangt.

Das Wort für Kiste/Sarg im letzten Vers ist dasselbe Wort, das im nächsten Buch unter anderem auch für die Bundeslade verwendet wird. Manche vertreten die Ansicht eines „Gesetzes der ersten Erwähnung“, nach dem das erste Auftreten eines Wortes dessen theologische Bedeutung im weiteren biblischen Verlauf prägt. Das mag manchmal passende Beobachtungen liefern, ist aber als feste Auslegungsregel unzuverlässig und oft irreführend – wie zum Beispiel bei der ersten Erwähnung des Wortes „heilig“.
Zwar waren eine Grabkiste und die Bundeslade äußerlich beide Kisten, aber daraus einen theologischen Zusammenhang zu konstruieren, geht zu weit.


Fragen zum Nachdenken

  • Siehst du auch in deinem Leben den souveränen Gott, der Dinge so führt, wie er möchte – unabhängig von den Plänen der Menschen? Wo scheint es nicht so zu sein – und warum könnte das so wirken?
  • Was zeigt größeren Glauben: Jakobs Wunsch, sofort in Kanaan begraben zu werden, oder Josephs Wunsch, erst beim Auszug des Volkes ins Land gebracht zu werden?
  • Welche „Auslegungsmethoden“ hast du kennengelernt, die schnell zu Missverständnissen oder Fehlschlüssen führen können?

One Reply to “Jakobs Tod und Hoffnung”

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