Genesis 38,1–11
Eigene Übersetzung
- Und es geschah zu jener Zeit, dass Juda hinabging von seinen Brüdern und sich wandte zu einem adullamitischen Mann, und sein Name war Hira.
- Und Juda sah dort die Tochter eines kanaanitischen Mannes, und sein Name war Schua, und er nahm sie und ging zu ihr ein.
- Und sie wurde schwanger und gebar einen Sohn, und er nannte seinen Namen Er.
- Und sie wurde wieder schwanger und gebar einen Sohn und nannte seinen Namen Onan.
- Und sie fügte hinzu und gebar noch einen Sohn und nannte seinen Namen Schela. Und Juda war bei Kesib, als sie ihn gebar.
- Und Juda nahm eine Frau für Er, seinen Erstgeborenen, und ihr Name war Tamar.
- Aber Er, der Erstgeborene Judas, war böse in den Augen Jahwes, und Jahwe tötete ihn.
- Und Juda sprach zu Onan: Geh zu der Frau deines Bruders und vollziehe die Schwagerehe mit ihr und richte einen Samen auf für deinen Bruder.
- Und Onan wusste, dass der Same nicht für ihn wäre, und es geschah, wenn er zu der Frau seines Bruders einging, da verdarb er ihn auf der Erde, damit er keinen Samen für seinen Bruder gab.
- Und es war böse in den Augen Jahwes, was er tat, und er tötete auch ihn.
- Und Juda sprach zu Tamar, seiner Schwiegertochter: Wohne als Witwe im Haus deines Vaters, bis Schela, mein Sohn, groß sein wird. Denn er sprach: Dass er nicht auch stirbt wie seine Brüder. Und Tamar ging hin und wohnte im Haus ihres Vaters.
Gedanken zum Text
Eine eigenartige und herausfordernde Geschichte unterbricht die Josef-Story.
Wenn man einfach die Josef-Geschichte für Kinder durchgehen möchte, muss man wohl dieses Kapitel überspringen.
Und nicht nur das – es zeigt auch einigen kulturellen Hintergrund und wirft Fragen auf.
Zum einen zeigt dieser Text, dass Gott Menschen umbringt/umkommen lässt, die Böses in seinen Augen tun. Was genau Er getan hat, wird nicht gesagt – aber bei Onan wissen wir es: Er hat onaniert (was ja auch nach ihm benannt ist), um keine Nachkommen für seinen Bruder in der Schwagerehe zu zeugen. – Hier war die Sünde ganz klar nicht das Masturbieren, sondern das er seinem Bruder keinen Nachkommen in der Schwagerehe zeugen wollte.
Ich bin aus einer anderen Kultur und Zeit, aber wenn ich das vergleiche mit vielen anderen Storys in der Bibel, z. B. mit Simon und Levi, die eine ganze friedliche Stadt abgeschlachtet haben, dann wundert es mich, warum Onans Sünde nun so schlimm war, dass Gott ihn umbrachte – die anderen aber nicht.
Und dann gleich beide Söhne Judas. Wenn man nur den Text hätte, würde man den Eindruck bekommen, dass jemand, der etwas macht, was Gott nicht gefällt, recht schnell von Gott getötet wird – und ja, es gibt in der Bibel auch andere Fälle, wo dies geschieht, aber es kommt nur relativ selten vor, und da sind die Sünden meist klar schlimmer als das, was Onan tat.
Auch interessant, dass dieser Text klar zeigt, dass das Recht der Schwagerehe zur Zeit der Patriarchen bereits bestand und offensichtlich auch von Kanaanitern als bindend angesehen wurde. Wenn wir diese Gesetze später bei Mose lesen, ist es offensichtlich kein Gesetz, das mit der Gesetzgebung am Sinai angefangen hat, sondern es ist ein Gesetz, das in der Zeit und Kultur weiter verbreitet war.
Manch einer mag hier argumentieren, dass es Gebote sind, die auf göttliche Gebote zurückgehen, an die sich auch gottlose Völker noch erinnern, um dem zu entgehen, dass in den Gesetzen, die Gott am Sinai gab, kulturelle Gepflogenheiten der Zeit vorkommen – aber das halte ich nicht für sehr überzeugend und auch nicht für notwendig.
Es würde ja erst einmal nur bedeuten, dass wir auch gute Gesetze und Gewohnheiten unserer Kultur übernehmen sollten, wenn sie nicht im Widerspruch mit Gottes Charakter stehen.
Aber es wirft eine andere herausfordernde Frage auf: Welche anderen Gesetze sind auch in der Kultur der Zeit verankert, und was bedeutet das für uns? Manches ist recht offensichtlich, aber anderes ist viel weniger klar. Gerade im Bereich der Sexualgesetze gibt es einiges, was der heutigen Kultur widersprechen würde – aber wie können wir erkennen, was davon kulturell und was davon aus göttlichen, noch für uns bindenden Gesetzen stammt?
Fragen zum Nachdenken
- Was lernen wir in diesem Text über Gott?
- Wann sind Sünden so schlimm, dass Gott direkt eingreift?
- Wie können wir entscheiden, was Kultur ist und was für uns noch bindend ist, ohne persönliche Willkür walten zu lassen?