Genesis 37,12–24

Eigene Übersetzung

  1. Und seine Brüder gingen, um das Kleinvieh ihres Vaters in Sichem zu weiden.
  2. Und Israel sprach zu Joseph: „Weiden deine Brüder nicht in Sichem? Komm, ich will dich zu ihnen senden.“ Und er sprach: „Hier bin ich!“
  3. Da sagte er zu ihm: „Geh doch und sieh nach dem Frieden deiner Brüder und nach dem Frieden des Kleinviehs und bring mir Auskunft.“ Und er sandte ihn aus dem Tal von Hebron, und er kam nach Sichem.
  4. Und ein Mann fand ihn – siehe, er irrte auf dem Feld umher. Und der Mann fragte ihn: „Was suchst du?“
  5. Und er sprach: „Ich suche meine Brüder. Sag mir doch, wo sie hüten.“
  6. Und der Mann sagte: „Sie sind von hier aufgebrochen, denn ich hörte sie sagen: ‚Lasst uns nach Dotan gehen!‘“ Und Joseph ging seinen Brüdern nach und fand sie in Dotan.
  7. Und sie sahen ihn von ferne, und bevor er sich ihnen näherte, ersannen sie eine Arglist gegen ihn, um ihn zu töten.
  8. Und sie sagten einer zum anderen: „Siehe, dieser Herr der Träume kommt da!
  9. Und nun, kommt, lasst ihn uns erschlagen und in eine Zisterne werfen. Wir sagen dann: Ein böses Tier hat ihn gefressen! Und wir werden sehen, was aus seinen Träumen wird.“
  10. Und Ruben hörte es und wollte ihn aus ihrer Hand retten und sprach: „Lasst uns ihn nicht das Leben kosten!“
  11. Und Ruben sprach zu ihnen: „Vergießt kein Blut! Werft ihn in diese Zisterne hier in der Wüste, aber legt nicht Hand an ihn.“ – Er sagte das, um ihn aus ihrer Hand zu retten und ihn zu seinem Vater zurückzubringen.
  12. Und es geschah, als Joseph zu seinen Brüdern kam, da zogen sie ihm den Leibrock aus – den [?] Leibrock, der an ihm war.
  13. Und sie nahmen ihn und warfen ihn in die Zisterne. Die Zisterne aber war leer – es war kein Wasser darin.

Gedanken zum Text

Wenn die Brüder so großen Hass auf Joseph hatten – wieso merkte der Vater das nicht? Oder merkte er es und hielt es einfach nicht für so schlimm?

Auch interessant: Gerade der Mann, der ihn anspricht, weiß genau, wo seine Brüder hingezogen sind. Klingt fast wie Vorsehung – aber vielleicht war das gar nicht so ungewöhnlich. Eine Gruppe mit viel Vieh fällt sicher auf, vielleicht wusste ohnehin jeder in der Gegend, wo sie waren.

Sichem, Dotan – früher waren das für mich nur bedeutungslose Ortsnamen. Dabei sind sie für die Geschichte ziemlich wichtig.
Sichem ist schon mehrfach vorgekommen und war ein zentraler Ort für die Patriarchen. Dotan hingegen wird sonst kaum erwähnt – aber es lag an einem der Handelswege aus dem Jesreel-Tal heraus, also einem typischen Karawanenpfad zwischen Assyrien und Ägypten. Genau der richtige Ort, um einer Karawane zu begegnen.

In Sichem wäre vermutlich nie eine Karawane vorbeigekommen. So hat der Ort, an dem die Brüder weideten, den Lauf der Geschichte entscheidend mitbestimmt.

Fragen zum Nachdenken

  • Wieso versucht Ruben, Joseph nur heimlich zu retten, und steht nicht offen für ihn ein?
  • Siehst du in dieser Geschichte klare Vorsehung – oder eher eine passende Aneinanderreihung von Zufällen?
  • Wie stark beeinflusst der Ort, an dem wir leben oder sind, unsere Geschichte – und das, was aus uns wird?

2 Replies to “Sollen wir ihn töten?”

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