Genesis 35,1–8

Eigene Übersetzung

  1. Und Gott sprach zu Jakob: Steh auf und geh hinauf nach Bethel und wohne dort, und mache dort einen Altar für den Gott, der dir auf der Flucht vor Esau, deinem Bruder, begegnet ist.
  2. Und Jakob sprach zu seinem Haus und zu allen, die mit ihm waren: Entfernt die fremden Götter, die in eurer Mitte sind, und reinigt euch und wechselt eure Kleider.
  3. Und wir wollen uns erheben und hinaufziehen nach Bethel, und ich werde dort einen Altar für den Gott errichten, der mir geantwortet hat am Tag meiner Not und der mit mir gewesen ist auf dem Weg, den ich gegangen bin.
  4. Und sie gaben Jakob alle fremden Götter, die in ihren Händen waren, und die Ohrringe, die in ihren Ohren waren. Und Jakob versteckte sie unter der Terebinthe, welche bei Sichem ist.
  5. Und sie brachen auf, und der Schrecken Gottes war auf den Städten, die um sie herum waren, und sie verfolgten die Söhne Jakobs nicht.
  6. Und Jakob kam nach Lus, welches im Land Kanaan ist – das ist Bethel – er und alles Volk, das mit ihm war.
  7. Und er baute dort einen Altar und nannte den Ort El-Bethel, denn dort hat sich Gott ihm offenbart während seiner Flucht vor seinem Bruder.
  8. Und Debora, die Amme Rebekkas, starb und wurde begraben unterhalb von Bethel unter der Eiche, und er nannte ihren Namen „Eiche des Weinens“.

Gedanken zum Text

Interessant ist, wann Gott zu Jakob spricht. Er hätte ihn schon viel früher losschicken können und so das Leid in Sichem verhindern können. Aber aus irgendeinem Grund tat er es erst jetzt – zu einem Zeitpunkt, an dem Jakob selbst guten Grund hatte, weiterziehen zu wollen. Genauso war es auch bei Laban: Gott sprach erst zu Jakob, als dieser selbst merkte, dass er nicht mehr willkommen war.

Ich habe den Text immer so gelesen, als wäre Gott Jakob erschienen und hätte einfach mit ihm gesprochen. Vielleicht ist es aber auch umgekehrt. Vielleicht kommt diese scheinbar späte Offenbarung Gottes nicht, weil Gott sich erst spät entscheidet zu sprechen, sondern weil sie jeweils eine Reaktion auf Jakobs Suchen und Gebet ist. Vielleicht hat Jakob erst dann nach Leitung bei Gott gefragt, wenn er gemerkt hat, dass es brenzlig wird – und sind wir nicht oft genauso?

Auch eigenartig ist, dass Gott hier scheinbar in der dritten Person von sich selbst spricht und sich beschreibt als „der Gott, der dir begegnet ist“. Es könnte aber auch möglich sein, dass hier tatsächlich von zwei unterschiedlichen Personen die Rede ist. Elohim wird auch für andere übernatürliche Wesen verwendet, und in Vers 1 steht kein Artikel. Der Vers könnte also auch verstanden werden als: „Und ein Engel sprach zu Jakob: Steh auf und geh hinauf …“

Passend zu der Überlegung, dass Gott vielleicht jeweils reagierte, wenn Jakob ihn anrief, beschreibt Jakob ihn selbst als „den Gott, der mir in meiner Not geantwortet hat“.

Dass Jakobs Haushalt nicht ganz monotheistisch war, haben wir schon zuvor gesehen, als Rahel die Götzen ihres Vaters stahl. Jetzt scheint es an der Zeit zu sein, dies (zumindest zeitweise) zu verändern. Dabei stellt sich die Frage, warum die Götzen vergraben und nicht vernichtet wurden – auch wenn wir nicht wissen, ob Jakob sie jemals wieder ausgegraben hat. Und warum auch die Ohrringe mit vergraben wurden, sagt der Text nicht. Gab es einen Zusammenhang zwischen Ohrringen und Götzendienst?

Fragen zum Text

  • Ist Gott eher ein initiativer Gott, der eingreift, wenn wir es brauchen – oder ein antwortender Gott, der eingreift, wenn wir ihn darum bitten? Oder beides je nach Situation?
  • Wie kann es sein, dass der Haushalt Israels noch Götzen hat?
  • Die Götzen haben offensichtlich Gott nicht daran gehindert, zu sprechen. Manche Theorien über „okkulte Wirkung“, die heute kursieren, vermitteln eine andere Sichtweise. Wie ist damit umzugehen?
  • Was hat es mit den Ohrringen auf sich?

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