Deuteronomium 29,9-28
Eigene Übersetzung
- Ihr steht heute alle vor Jahwe, eurem Gott: eure Häupter, eure Stämme, eure Ältesten und eure Aufseher, alle Männer von Israel,
- eure Kinder, eure Frauen und der Fremde, der in der Mitte eures Lagers ist, vom Holzsammler bis zum Wasserschöpfer,
- damit du hinüberziehst in den Bund Jahwes, deines Gottes, und in seinen Fluch, den Jahwe, dein Gott, heute mit dir geschlossen hat,
- damit du dich heute zu einem Volk erhebst und er dein Gott sein wird, wie er zu dir geredet hat und wie er deinen Vätern, Abraham, Isaak und Jakob, geschworen hat.
- Doch nicht nur mit euch schließe ich heute diesen Bund und diese Flüche,
- sondern mit dem, der heute hier mit uns vor Jahwe, unserem Gott, steht, und auch mit dem, der heute nicht hier mit uns steht.
- Denn ihr wisst, dass wir im Land Ägypten gewohnt haben und mitten durch die Nationen gezogen sind, die ihr durchquert habt.
- Ihr habt die Scheusale und Götzen aus Holz, Stein, Silber und Gold gesehen, die bei ihnen waren.
- Damit es nicht unter euch einen Mann, eine Frau, eine Sippe oder einen Stamm gibt, der heute sein Herz von Jahwe, unserem Gott, abwendet, um hinzugehen und den Göttern dieser Völker zu dienen, damit es nicht unter euch eine Wurzel gibt, die Gift und Wermut als Frucht bringt.
- Und es soll geschehen, wenn jemand die Worte dieses Fluches hört, dass er sich in seinem Herzen segnet und sagt: Frieden werde ich haben, denn ich gehe in der Verstocktheit meines Herzens – warum sollte das Getränkte mit dem Durstigen weggeschwemmt werden?
- Jahwe wird ihm nicht vergeben wollen, sondern der Zorn Jahwes wird gegen diesen Mann entbrennen, und der ganze Fluch, der in diesem Buch geschrieben steht, wird auf ihm liegen. Jahwe wird seinen Namen unter dem Himmel austilgen.
- Jahwe wird ihn aus allen Stämmen Israels absondern zum Bösen, entsprechend allen Schwüren des Bundes, die in diesem Buch des Gesetzes geschrieben sind.
- Die spätere Generation – eure Kinder, die nach euch aufstehen werden, und der Ausländer, der aus einem fernen Land kommen wird – wird, wenn sie all die Plagen dieses Landes und die Krankheiten, die Jahwe darauf gebracht hat, sehen, sagen:
- Schwefel und Brandsalz bedecken das ganze Land. Es wird weder besät noch sprosst etwas, und kein Kraut wächst darin, wie nach dem Umsturz von Sodom und Gomorra, Adma und Zebojim, die Jahwe in seinem Zorn und Grimm zerstörte.
- Und alle Völker werden fragen: Warum hat Jahwe so mit diesem Land gehandelt? Warum ist sein Zorn so entbrannt?
- Und sie werden sagen: „Weil sie den Bund Jahwes, ihres Gottes, verlassen haben, den er mit ihnen geschlossen hat, als er sie aus Ägypten herausführte.
- Sie gingen hin und dienten anderen Göttern, warfen sich vor ihnen nieder – Göttern, die sie nicht kannten und die er ihnen nicht zugeteilt hatte.
- Deshalb entbrannte der Zorn Jahwes gegen dieses Land, und er brachte alle Flüche des Bundes, die in diesem Buch geschrieben stehen, darüber.
- Jahwe vertrieb sie aus ihrem Land in seinem Zorn, Grimm und großen Verdruss und warf sie in ein anderes Land – wie es heute der Fall ist.
- Das Verborgene gehört Jahwe, unserem Gott, das Offenbarte uns und unseren Kindern für immer, damit wir alle Worte dieses Gesetzes befolgen.
Gedanken zum Text
Noch einmal eine Wiederholung der Flüche und wie ihre Folgen auf andere wirken werden.
Heute möchte ich nur auf ein paar kleine Aussagen in den Versen eingehen.
Zum einen ist es interessant, dass alle erkennen sollen, dass es Gottes Handeln ist. Gott will als ein konsequenter Gott gesehen werden, der die Übertretung des Bundes bestraft – ganz anders, als viele Christen ihn heute darstellen möchten. Er ist kein Kuschelbär, sondern ein heiliger und konsequenter Gott.
Interessant ist auch die Aussage in Vers 27: „… wie es heute der Fall ist.“ Diese Formulierung kommt recht häufig in den Mose-Büchern vor und ergibt oft wenig Sinn im ursprünglichen Kontext, wenn man Mose als Autor ansieht – schließlich waren diese Dinge damals noch nicht eingetreten. Hier jedoch handelt es sich um das Gegenteil: Es geht um etwas, das erst viel später geschehen sollte.
Man könnte dies als Teil der Worte verstehen, die dem Beobachter in den Mund gelegt werden, oder aber als spätere Einfügung – ähnlich wie andere solche Aussagen.
Da es sich um die gleiche Formulierung handelt, scheint es wahrscheinlich, dass sie alle zur gleichen Zeit hinzugefügt wurden – vielleicht von einem Schreiber, der für seine zeitgenössischen Leser kommentierte. Wenn dies zutrifft, könnte dieser Vers ein Indiz dafür sein, dass der Kommentar zur Zeit des Exils entstand.
(Diese Überlegung mag für einige herausfordernd sein. Viele Christen wachsen mit einem Inspirationsverständnis auf, das spätere Redaktionen oder Kommentare ausschließt. Alles, was solche Möglichkeiten andeutet, wird aus ihrer Sicht als liberal oder bibelfeindlich angesehen. Es gibt jedoch gute Hinweise darauf, dass sprachliche Modernisierungen und vereinzelt Kommentare in den biblischen Text eingeflossen sind. Für mich schmälert dies die Glaubwürdigkeit der Bibel keineswegs. Es bleibt das Wort Gottes, das er uns gegeben hat, und wenn er die ursprünglichen Schreiber inspiriert hat, war er ebenso fähig, spätere Redaktoren davor zu bewahren, Wesentliches zu verändern.)
Auch der letzte Satz ist interessant. Wie passt er in den Kontext?
Was ist hier mit dem Verborgenen gemeint? Könnte dies ebenfalls ein Kommentar des Schreibers im Exil sein? Und wenn nicht, warum steht es genau hier? Ist verborgen, wann diese Flüche kommen? Oder wie genau sie eintreffen werden (dann wäre es wohl kein späterer Kommentar)? Das Wichtige ist klar: Unsere Aufgabe ist es, Gott nachzufolgen und ihm zu gehorchen. Alles andere lassen wir seine Sorge sein.
Fragen zum Nachdenken
- Warum könnte Gott wollen, dass man ihn hier als strengen, konsequenten Gott sieht?
- Wie beeinflusst dich der Gedanke an einen möglichen Redaktor und spätere Korrekturen im biblischen Text?
- Wie erklärst du dir die Positionierung des letzten Verses?