Deuteronomium 28,49-57
Eigene Übersetzung
- Jahwe wird ein Volk von ferne, vom Ende der Erde, über dich erheben, das fliegt wie der Adler, ein Volk, dessen Sprache du nicht kennst.
- Ein Volk mit hartem Gesicht, das sein Gesicht nicht erhebt für den Alten und für den Jungen kein Erbarmen hat.
- Und es wird die Frucht deines Viehs und die Frucht deines Erdbodens essen, bis du vernichtet bist. Es wird dir weder Korn noch Wein, noch Öl, noch einen Wurf der Rinder oder Nachkommen des Kleinviehs übrig lassen, bis sie dich zerstört haben.
- Und es wird dich zusammenbinden in all deinen Toren, bis deine hohen und festen Mauern, auf die du vertraust, niederfallen, in deinem ganzen Land. Es wird dich zusammenbinden in all deinen Toren und in deinem ganzen Land, das Jahwe, dein Gott, dir gegeben hat.
- Und du wirst die Frucht deines Bauches essen, das Fleisch deiner Söhne und Töchter, welche Jahwe, dein Gott, dir gegeben hat, in deiner Not und Bedrängnis, mit der deine Feinde dich bedrängen.
- Der weichliche und sehr verwöhnte Mann, (selbst) seine Augen werden böse auf seinen Bruder und seine Frau in seinem Schoß schauen und auf seine übrig gebliebenen Söhne, die er übrig behalten hat,
- keinem von ihnen wird er etwas geben vom Fleisch seiner Kinder, die er essen wird, weil ihm nichts übrig geblieben ist von allem in der Drangsal und Not, mit der dein Feind dich bedrängen wird in deinen Toren.
- Die sanfteste und verwöhnteste in dir, die nie versucht hat, ihre Fußsohle auf die Erde zu setzen, wegen ihrer Sanftheit und Verwöhnung, ihre Augen werden böse auf ihren Mann in ihrem Schoß und auf ihre Söhne und Töchter schauen.
- Und ihre Nachgeburt, die von zwischen ihren Beinen hervorkommt, und die Kinder, die sie gebiert, denn sie wird diese aus all ihrem Mangel heimlich essen, in der Not und Bedrängnis, mit der deine Feinde dich in deinen Toren bedrängen werden.
Gedanken zum Text
Dies sind wohl die grafischsten und erschreckendsten der Flüche. Die Not der Bedrängnis wird so schlimm sein, dass es sogar zu Kannibalismus kommen wird.
Der Text sagt nicht klar, ob die Menschen ihre eigenen Kinder töten werden, um sie zu essen, oder ob sie lediglich ihre bereits verstorbenen Kinder verzehren.
In jedem Fall beschreibt der Text eine extreme Notlage, in der moralische Vorstellungen völlig zusammenbrechen. Menschen scheinen so von ihrem Überlebensinstinkt getrieben zu sein, dass selbst die Sorge für die eigenen Kinder oder den Partner der Selbstrettung weicht.
Das Leben unter einer Belagerung ist wohl schwer vorstellbar, aber es gibt historische Berichte über ähnliche extreme Situationen, wie bei Flugzeugabstürzen oder Schiffsunglücken. Auch dort wurden in der Not Entscheidungen getroffen, die unter normalen Umständen undenkbar wären.
Fragen zum Nachdenken
- Warum lässt Gott solch extrem schlimme Folgen zu?
- Zu welchen Handlungen könnten wir selbst fähig sein, wenn wir in extreme Not geraten?
- Können wir uns mental darauf vorbereiten, in solchen Notsituationen dennoch an unseren Werten und unserem Glauben festzuhalten?