Deuteronomium 25,5-10
Eigene Übersetzung
- Wenn Brüder miteinander wohnen und einer von ihnen stirbt und er hat keinen Sohn, dann soll die Frau des Toten nicht nach draußen eines fremden Mannes werden. Ihr Schwager soll zu ihr kommen und sie sich als Frau nehmen und die Schwagerehe vollziehen.
- Und der Erstgeborene, welchen sie gebiert, soll den Namen seines toten Bruders erhalten, so dass sein Name nicht aus Israel ausgetilgt wird.
- Aber wenn der Mann keine Lust hat, die Witwe seines Bruders zur Frau zu nehmen, dann soll die Witwe zum Tor hinausziehen, zu den Ältesten, und sagen: Mein Schwager weigert sich, seinem Bruder den Namen in Israel zu erhalten. Er will nicht die Schwagerehe eingehen.
- Dann sollen die Ältesten der Stadt ihn rufen und zu ihm sprechen, und wenn er fest dabei bleibt und sagt: Ich will sie nicht nehmen,
- dann soll die Witwe seines Bruders vor den Augen der Ältesten zu ihm treten, seine Sandale von seinem Fuß ausziehen, ihm ins Gesicht spucken und antworten: So macht man mit einem Mann, der das Haus seines Bruders nicht bauen will.
- Und man soll seinen Namen in Israel „Haus der ausgezogenen Sandale“ nennen.
Gedanken zum Text
Das ist schon ein herausforderndes Gesetz für uns heute. Heutzutage ist es die Norm, dass man den heiratet, in den man sich verliebt. Vorgeschrieben zu bekommen, jemanden zu heiraten, den man gar nicht liebt, ist schwer vorstellbar.
Zudem ist Monogamie eigentlich das Ideal. Wenn ein Mann jedoch schon verheiratet war und sein Bruder stirbt, hätte er in diesem Fall wohl eine zweite Frau nehmen müssen. Für mich schon interessant, dass Gott hier einen Kompromiss macht was die Monogamie angeht – und das in einer Thematik, die für uns heute eigentlich recht unwichtig scheint.
Interessant ist auch die Begründung, warum dies getan werden soll. Oft hört man, dass es darum ging, die Frau vor Armut zu schützen. Das klingt für uns logisch und mag ein Mitgrund gewesen sein, aber der Text selbst macht deutlich, dass es in erster Linie um den Namen des verstorbenen Mannes geht.
Es geht um Ehre und Erbe – Dinge, die für uns heute weniger relevant erscheinen. Natürlich freut man sich über ein reiches Erbe, aber in Israel ging es um Erbbesitz, der über Generationen weitergegeben wurde und nicht verkauft werden konnte – ein ganz anderes Konzept.
Auch das Thema Familienehre ist bei uns kaum mehr präsent. Wir kennen es vielleicht aus arabischen Kulturen. Unsere Gesellschaft legt stattdessen Wert auf individuelle Errungenschaften, falls Ehre überhaupt eine Rolle spielt.
Die „Strafe“, die hier vorgesehen ist – Schuhe ausziehen und ins Gesicht spucken – unterstreicht, dass es um die Ehre des verstorbenen Bruders geht. Der Mann, der sich weigert, diese Ehre aufrechtzuerhalten und den Namen seines Bruders „zu bauen“, wird öffentlich entehrt.
Das alles ist nicht einfach zu verstehen. Warum genau ein solches Gesetz notwendig war und ob es nicht auch anders hätte geregelt werden können, ist schwer zu sagen. Es scheint jedoch klar zu sein, dass es stark in die damalige Kultur eingebettet ist und dass es keinen Grund gibt, eine solche Praxis heute anzuwenden.
Fragen zum Nachdenken
- Was bedeutet es für uns, auf die Ehre unserer Brüder zu achten?
- Wie können wir bereichert werden, indem wir über göttliche Gesetze an eine ganz anderen Kultur nachdenken?
- Warum war dieses Gesetz so wichtig, dass es in der Bibel festgehalten wurde?
- Was lernen wir daraus, wenn Gott hier die Ehre des Bruders scheinbar über das Prinzip der Monogamie stellt?