Deuteronomium 24, 17-18
Eigene Übersetzung
- Beuge nicht das Recht eines Fremden oder einer Waise, und nimm nicht das Gewand einer Witwe als Pfand.
- Und denke daran, dass du Sklave in Ägypten warst und Jahwe, dein Gott, dich von dort losgekauft hat. Deshalb gebiete ich dir heute, diese Sache zu befolgen.
Gedanken zum Text
Die Schutzgesetze für schwache Gruppen wie Fremde, Witwen und Waisen tauchen immer wieder in der Bibel auf. Auch die Begründung dafür ist wiederkehrend: die Erinnerung an die Sklaverei in Ägypten.
Diese Begründung fällt uns heute möglicherweise schwerer nachzuvollziehen. Es wäre, als würden wir unser heutiges Verhalten mit etwas rechtfertigen, das in der Kaiserzeit oder sogar im Mittelalter geschehen ist.
In westlichen Kulturen ist ein solches Generationsbewusstsein heute wenig ausgeprägt. Es gibt zwar noch ein gewisses Bewusstsein für die NS-Zeit, doch diese liegt historisch gesehen nicht sehr weit zurück – schließlich leben noch Menschen, die sie miterlebt haben. Die Befreiung aus Ägypten blieb jedoch über Jahrhunderte hinweg eine zentrale Begründung in Israel.
Interessanterweise greift sogar Paulus die Geschichte der Wüstenwanderung auf, wendet sie auf Heidenchristen an und spricht von „euren Vätern in der Wüste“.
Für die biblischen Autoren ist Israel – einschließlich der Christen – ein gemeinsames Volk, dessen Geschichte stets präsent sein sollte. Was Gott für unsere Vorfahren vor Tausenden von Jahren getan hat, soll für uns so bewusst sein, als hätte er es für uns persönlich getan.
Heute legen wir großen Wert auf persönliche Zeugnisse, also auf das, was wir ganz individuell mit Gott erlebt haben. Für die biblischen Schreiber hingegen ist alles, was Gott auch für unsere Vorfahren getan hat, ein wesentlicher Teil des Zeugnisses.
Fragen zum Nachdenken
- Wie stehst du zur Geschichte Israels und der Christenheit – ist sie auch deine Geschichte?
- Was macht es mit dir, wenn du dich in diese Geschichte hineinversetzt, als wärst du dabei gewesen?
- Wie können wir dieses Bewusstsein in unserer Zeit mehr wachsen lassen?
One Reply to “Erinnerst du dich noch, was Gott deinen Urgroßeltern getan hat?”