Deuteronomium 23,25-26
Eigene Übersetzung
25) Wenn du in den Weinberg deines Nächsten kommst, darfst du Trauben essen, so viel deine Seele begehrt, bis zur Sättigung. Aber in dein Gefäß sollst du nichts legen.
26) Wenn du in das Getreidefeld deines Nächsten kommst, darfst du Ähren mit deiner Hand abpflücken, aber die Sichel sollst du nicht über das Getreide deines Nächsten schwingen.
Gedanken zum Text
Es ist interessant, dass Gott hier das Eigentum in gewisser Weise relativiert. Das Feld oder Land hat zwar einen klaren Besitzer, und auch die Ernte darf nur dieser einholen und verkaufen. Doch wenn es darum geht, den Hunger zu stillen, gestattet Gott jedem, der vorübergeht, sich zu nehmen, wonach ihm gelüstet.
Auffällig ist jedoch, dass hier nur zwei spezifische Beispiele genannt werden – Weinberge und Getreidefelder. Beide liefern normalerweise reichlich Ertrag, der auf einmal verarbeitet wird, und beide sind stark vom Wetter und damit vom Segen Gottes abhängig. Gemüsegärten werden nicht erwähnt, die oft in kleineren Mengen und mit künstlicher Bewässerung bewirtschaftet werden.
Als Kind war es für mich ganz normal, beim Vorbeigehen an einem Maisfeld einen Kolben zu pflücken und ihn zu naschen. Das wurde meistens toleriert (oder es hat einfach niemand bemerkt). In Deutschland folgt man allerdings nicht dem biblischen Prinzip. Bis 1975 gab es immerhin ein Gesetz, das Mundraub als ein geringfügigeres Vergehen einstufte als Diebstahl. Doch auch dieses Gesetz wurde abgeschafft.
Es stellt sich jedoch die Frage, wie notwendig solch eine Regelung heute noch wäre. In Israel waren Menschen oft auf langen Wegen unterwegs. Es konnte entscheidend sein, unterwegs wilde Früchte oder etwas von den Rändern von Weinbergen und Getreidefeldern zu essen, um die Kraft für die Reise zu erhalten. In unserer heutigen Gesellschaft dient das Naschen an Feldern meist nur dem Genuss – es kann beim Wandern angenehm sein, ist aber selten notwendig, um den Hunger zu stillen.
Deshalb würde ich sagen: Auch wenn dieses Gesetz schön und nützlich ist (solange es nicht in übertriebenem Maße an Feldern entlang viel genutzter Wanderwege ausgenutzt wird), ist es für unsere heutige Zeit in der Regel nicht mehr notwendig.
Fragen zum Nachdenken
- Würdest du ein solches Gesetz als gut oder schlecht empfinden, wenn du selbst Landbesitzer wärst?
- Warum erlaubt Gott dem Wanderer, direkt aus dem Besitz eines anderen zu nehmen?
- Was lehrt dich dieses Gesetz über den Charakter Gottes?