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Deuteronomium 23,16-17

Eigene Übersetzung

16) Einen Sklaven, der sich zu dir vor seinem Herrn rettet, sollst du nicht seinem Herrn ausliefern.
17) Mit dir soll er wohnen, in deiner Mitte, an dem Ort, den er in einem deiner Tore erwählt, wo es ihm gut geht, und du sollst ihn nicht unterdrücken.


Gedanken zum Text

Dieser Text enthält eine spannende Spannung: Auf der einen Seite erlaubt die Bibel Sklaverei, auf der anderen Seite wird ausdrücklich verboten, einen geflohenen Sklaven auszuliefern.

Das zeigt, dass die biblische Sklaverei nicht mit der Sklaverei vergleichbar ist, die beispielsweise in den USA praktiziert wurde. Dort wurden Sklaven oft grausam behandelt, sodass sie allen Grund hatten zu fliehen.

In der Bibel scheint die Flucht eines Sklaven dagegen eine Ausnahme zu sein, was impliziert, dass das Verhältnis zwischen Herrn und Sklave deutlich besser war. Sklaven hatten offenbar eine Position, die eher an heutige Angestellte erinnert, allerdings mit der Besonderheit, dass sie im Haushalt ihres Herrn lebten.

Das falsche Verständnis der biblischen Sklaverei entsteht oft, wenn wir moderne Vorstellungen darauf projizieren, anstatt sorgfältig zu lesen, was der Text tatsächlich sagt. Die Sklaverei, wie sie in den USA praktiziert wurde – und das leider auch von Christen –, war eine abscheuliche Untat. Die in der Bibel erlaubte Form der Sklaverei hatte dagegen eine soziale Funktion: Sie bot Menschen eine Möglichkeit, ihre Grundbedürfnisse zu sichern, selbst in schwierigen Zeiten. Manche Israeliten verkauften sich sogar freiwillig in die Sklaverei, wobei dies immer zeitlich begrenzt war.


Fragen zum Nachdenken

  • Wie können wir die Bibel besser aus ihrer eigenen Zeit heraus verstehen, statt sie durch die Brille unserer Zeit zu interpretieren?
  • Wie könnten wir dieses Gebot heute umsetzen? Wer könnte für uns der Sklave sein, der von seinem Herrn flieht?
  • Kann es uns auch passieren, dass wir die Bibel nutzen, um unser eigenes Verhalten zu rechtfertigen – so wie es die frühen Amerikaner mit der Sklaverei taten –, ohne zu erkennen, wie weit wir von der biblischen Botschaft entfernt sind?

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