Deuteronomium 19,15-21
Eigene Übersetzung
15) Es soll nicht ein einzelner Zeuge gegen einen Mann wegen irgendeiner Schuldsache aufstehen, oder wegen irgendeiner Sünde oder irgendeiner Verfehlung, die er begeht. Auf den Mund zwei Zeugen oder auf den Mund drei Zeugen soll eine Sache bestehen.
16) Wenn ein falscher Zeuge gegen einen Mann auftritt um ihm der Widerspenstigkeit zu beschuldigen,
17) dann sollen die beiden Männer, welche einen Streit haben vor Jahwe vor die Priester und vor die Richter treten, die an diesem Tagen sind.
18) Und die Richter sollen untersuchen was stimmt. Und siehe, ist es ein Lügen Zeuge, der Lüge gegen seinen Bruder gezeugt hat,
19) dann sollen sie ihm so tun, wie er geplant hat seinem Bruder zu tun. Und du sollst das Böse aus deiner Mitte wegbrennen.
20) Und die übrigen die das hören sollen sich fürchten und nicht hinzufügen so etwas wieder zu tun, wie diese böse Sache in deiner Mitte.
21) Und dein Auge soll nicht Schonen. Seele um Seele, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß.
Gedanken zum Text
Ein Problem, das jedes Rechtssystem hat: Menschen versuchen, es auszunutzen, indem sie durch Falschaussagen entweder sich selbst Vorteile auf Kosten anderer verschaffen oder anderen böswillig schaden.
Die Bibel gibt hier ein recht einfaches System vor, indem sie sagt, traue keinem einzelnen Zeugen – und wenn doch ein einzelner Zeuge auftritt, muss die Entscheidung vom Priester getroffen werden.
Interessant ist jedoch die Strafe für den falschen Zeugen: Er soll genau das erhalten, was er dem anderen antun wollte. Ein recht einfaches System, aber etwas, das wir heute so nicht praktizieren. Bei uns können Falschaussagen mit drei Monaten bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. In Israel konnte es jede Strafe sein, entsprechend der Schwere der Folgen der Falschaussage. Wer durch eine Falschaussage das Schaf seines Nächsten bekommen wollte, musste ein Schaf geben. Wer jedoch etwas vorwarf, das die Todesstrafe nach sich zog, musste selbst sterben.
Interessant ist, dass dies eine von drei Stellen im Alten Testament ist, in denen „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ erwähnt wird. Was denkst du über dieses Prinzip? Viele haben ja ein Problem damit, weil es so grausam wirkt. Die anderen beiden Stellen, in denen es genannt wird, sind im Kontext schwangerer Frauen und ungeborenen Lebens (Ex 21,24) und im Streit zwischen zwei Männern (Lev 24,20). Viele Theologen gehen davon aus, dass es sich hier um ein Schutzgesetz handelt, das verhindern soll, dass Rache über das hinausgeht, was einem angetan wurde. Jemand, der dir einen Zahn ausgeschlagen hat, verdient maximal, ebenfalls einen Zahn zu verlieren, aber nicht die Hand abgehackt zu bekommen.
Anders ist es hier in Deuteronomium: Hier steht zum einen auch „Seele um Seele“ (was bedeutet „Leben um Leben“) und zum anderen ergänzt der Schreiber: „Du sollst ihn nicht schonen.“ Hier geht es ganz sicher nicht darum, die Strafe zu minimieren, sondern vielmehr darum, sie nicht zu mildern – bis hin zur Todesstrafe.
Liegt es vielleicht daran, dass wir dazu neigen, Falschaussagen als ein kleineres Vergehen zu sehen und nicht so scharf zu bestrafen? Warum ist es für die Bibel so wichtig, klarzustellen, dass es hier keine Gnade geben soll?Warum ist Lügen (vor Gericht) ein schlimmeres Vergehen als vieles andere?
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