Deuteronomium 14,11-21
Teilweise eigene Übersetzung
11) Alle reine Vögel dürft ihr essen.
12) Und diese sind es, die ihr nicht essen dürft von ihnen: Den Adler, den Geier und den(See)adler.
13) die Weihe, den Habicht und die Geierarten,
14) alle Rabenarten,
15) den Strauß, die Eule, die Möwe und die Fakenarten,
16) das Käuzchen, den Ibis die Schleiereule, den Pelikan,
17) den Aasgeier und den Kormoran,
18) den Storch, die Reiherarten, den Wiedehopf und die Fledermaus
19) Auch alle fliegenden Insekten seien unrein für euch, ihr dürft sie nicht essen.
20) Alle reinen Vögel dürft ihr essen.
21) Esst kein Aas, dem Fremden, der in deinen Toren ist darfst du es geben, und er kann es essen oder an einem Ausländer darfst du es verkaufen, denn du bist ein Heiliges Volk für Jahwe, deinen Gott. Koche nicht ein Böcklein in der Milch seiner Mutter.
Gedanken zum Text
Gestern habe ich geschrieben, dass die Speisegebote bezüglich Meerestieren besonders herausfordernd seien, weil die Merkmale nicht immer vererbbar und oft nicht eindeutig sind. Dabei hatte ich nicht mehr ganz im Kopf, wie die Gebote zu den Vögeln definiert sind – diese sind ja noch schwieriger.
Hier gibt es ja gar keine Merkmale, die direkt genannt werden. Es gibt nur eine Liste von Vögeln, die man nicht essen darf, aber keine Positivliste, was man essen darf – noch viel schwieriger, auf einen anderen Kontinent zu übertragen.
Trotzdem kann man, wenn man davon ausgeht, dass die Liste der verbotenen Vögel vollständig ist, den Großteil der europäischen Vögel beurteilen, da alle Zugvögel Europas durch Israel fliegen und somit dort gejagt werden könnten.
Allerdings muss man sicher sein, die Tiere, die man nicht essen darf, richtig zu übersetzen, und das ist oft nicht eindeutig. Laut Lexikon werden manche dieser Tiere mehrfach als dasselbe Tier übersetzt (was wenig Sinn machen würde), andere sind klar doppeldeutig, und bei manchen wird einfach nur geraten.
Letztlich habe ich die Verse 13–18 nicht selbst übersetzt, sondern aus der Schlachter 2000 Bibel abgeschrieben. Es wäre mir zu mühsam gewesen, alle Tiere genau zu studieren, um sie sicher übersetzen zu können, da ich sie wahrscheinlich sowieso nie essen würde.
Wer bei uns ohnehin nur Hähnchen isst, ist auf der sicheren Seite, denn dieser Vogel gehört ohne Zweifel nicht zu den verbotenen.
Was diesen Text betrifft, hatte ich in meiner Jugend eine Glaubenskrise. Damals wollte ich sicherstellen, dass ich der Bibel vertrauen kann, und hörte mir Gegenargumente an. Ein Argument, das ich damals besonders stark fand, war, dass die Bibel noch nicht einmal Tiere richtig definieren kann – schließlich wird hier die Fledermaus als Vogel bezeichnet.
Damit habe ich wirklich gerungen. Wie kann das Buch von Gott sein, wenn es einfache biologische Tatsachen nicht versteht? Die Fledermaus ist doch ein Säugetier und kein Vogel!
Nach einem sehr intensiven Kampf, bei dem ich nicht an ein Märchenbuch glauben wollte, habe ich irgendwann aufgegeben. Ich hatte Gott doch erlebt. Die Bibel ist voller Prophetie und bietet so viele Argumente für ihre Glaubwürdigkeit. Sollte ich sie wegen der Fehldefinition der Fledermaus aufgeben? Ich erinnere mich, damals gebetet zu haben: „Gott, wenn es dich nicht gibt, dann zeig es mir“, weil ich so daran gewöhnt war zu beten und nicht wusste, wen ich sonst fragen sollte.
Hattest du auch solche Herausforderungen mit der Bibel, die dich daran zweifeln ließen, ob sie wirklich von Gott stammt?
Mittlerweile erscheint mir dieses Problem fast lächerlich klein. Die Bibel ist kein Biologiebuch, sondern kommuniziert Gottes Wahrheiten in der Sprache des Volkes, das sie erreichen soll. Im Hebräischen ist der Begriff „Vogel“ nicht als eierlegendes Tier mit Schnabel und Federn definiert, sondern als fliegendes Tier. Auch die fliegenden Insekten in Vers 21 sind „Gewimmelvögel“, wenn man es wörtlich übersetzen will. Da die Fledermaus fliegt, ist sie nach der damaligen Sprachdefinition auch ein Vogel. Die Israeliten haben sicherlich auch erkannt, dass die Fledermaus große Unterschiede zu dem aufweist, was wir heute als Vogel bezeichnen, aber Sprache muss funktionieren und nicht unbedingt biologischen (oder physikalischen) Kategorien entsprechen.
Warum wird Vers 11 in Vers 20 wiederholt? Ich weiß es nicht und kann nur spekulieren. Vielleicht ging man davon aus, dass die Menschen ohnehin wissen, welche Vögel rein sind. Oder es liegt daran, dass es so viele verschiedene Vögel gibt, schließlich ziehen die Zugvögel durch das Jordantal.
Warum war der Verkauf von Aas erlaubt? Ist das nicht auch einfach ungesünder? Warum erlaubt Gott, ungesundes Fleisch weiterzugeben? Durfte ein Israelit das tun, ohne dass der Käufer wusste, dass es Aas war (das erinnert irgendwie an den Gammelfleischskandal), oder durfte er es nur mit dem Wissen des Käufers tun?
Galt das für jede Art von Aas, auch für Tiere, die durch Krankheit gestorben sind, oder nur für Herdentiere, die durch einen Unfall ums Leben kamen und nicht ausgeblutet sind?
Warum steht diese Anweisung direkt nach der Definition der Vögel? Weil es das Ende der Reinheitsgebote ist und für alle Tiere gilt, oder galt es speziell für Vögel?
Warum haben die Masoreten hier keine Trennung eingeführt? Es scheint doch ein anderes Thema zu sein, zumal direkt danach das Gebot folgt, das Böcklein nicht in der Milch seiner Mutter zu kochen. Dieses Gebot gibt Anlass zu vielen Spekulationen darüber, was es bedeutet und warum es gegeben wurde. Wahrscheinlich hatte es mit einem Götzenkult der Gegend zu tun, es könnte aber auch bedeuten, dass Tiere generell nicht geschlachtet werden dürfen, bevor sie aufgehört haben, Milch zu trinken.