Deuteronomium 5,11-15
Eigene Übersetzung
11) Nehme nicht den Namen Jahwes deines Gottes für Wertloses, denn Jahwe wird keinen ungestraft lassen, der seinen Namen für Wertloses nimmt.
12) Halte den Sabbattag, um ihn zu heiligen, wie Jahwe dein Gott es dir geboten hat!
13) Sechs Tage (sollst du) arbeiten, und alle Arbeit machen.
14) Aber der siebte Tag ist ein Sabbat für Jahwe, dein Gott, mache nicht irgendeine Arbeit. Du und dein Sohn und deine Tochter und dein Knecht und deine Magd und dein Ochse und dein Esel und all dein Vieh und dein Fremder, der in deinen Toren wohnt, damit dein Knecht und diene Magd ruhen so wie du.
15) Und erinnere dich, wie du Knecht warst im Land Ägypten und wie dich Jahwe dein Gott von dort herausgeführt hat mit starker Hand und mit ausgestreckten Arm – deshalb gebot dir Jahwe dein Gott den Sabbattag zu tun.
Gedanken zum Text
Heute – an einem Sabbat – darf ich über zwei Gebote nachdenken, die den Namen Jahwes und das Sabbatgebot betreffen. Wahrscheinlich sind dies die zwei kontroversesten Gebote in der heutigen protestantischen Christenheit: Den Namen Gottes verwendet kaum noch jemand außer den Zeugen Jehovas und manchen messianisch-jüdischen Gruppen, und den Sabbat hält auch kaum noch jemand außer den Siebenten-Tags-Adventisten, Siebenten-Tags-Baptisten und einigen messianisch-jüdischen Gruppen.
Der Name Gottes
Zuerst zum Namen Gottes. Wenn du mein Bibeltagebuch schon etwas länger liest, wird dir vielleicht aufgefallen sein, dass ich in meiner eigenen Übersetzung den Namen Gottes stets mit „Jahwe“ wiedergebe, aber im Kommentar meist einfach nur „Gott“ verwende (es sei denn, ich schreibe spezifisch über den Namen). Leider verstecken die meisten modernen Bibelübersetzungen den Namen „Jahwe“ (vermutete Annäherung an die Aussprache, da die ursprüngliche nicht mehr überliefert wurde) und schreiben stattdessen nur „HERR“ in Großbuchstaben.
Beim genauen Lesen kann man noch erkennen, wo der Eigenname Gottes steht, den er Mose offenbart hat, aber beim Hören oder flüchtigen Lesen geht das schnell unter.
Genau genommen ist das Gebot, den Namen nicht für Nichtiges zu verwenden. Eine Erklärung, warum die Aussprache ab der Zeit des Zweiten Tempels nicht mehr weiterverwendet wurde, ist, dass die Juden aus Ehrfurcht (und sicher auch aus Sorge, den Namen falsch zu verwenden und dieses Gebot zu brechen) aufgehört haben, ihn zu nutzen.
Davor wurde er sehr frei verwendet, wenn man über ihn sprach, in Schwüren und sogar in Grußformeln – ohne dass man Gottes Unwillen darüber erkennen könnte. Ganz im Gegenteil: Es gibt Gebote, in denen Gott sagt, dass sein Volk seinen Namen nutzen soll.
Ist es nicht so, dass Missbrauch und Gebrauch zwei verschiedene Dinge sind? Mit „für Wertloses nehmen“ ist wahrscheinlich nicht gemeint, ihn gedankenlos oder bei Begrüßungen zu nutzen, sondern ihn für Wertloses im Sinne von Betrug zu verwenden – also bewusst falsch im Namen Jahwes zu schwören oder ihn als Zeugen anzurufen, wenn man lügt (heute vielleicht ein „Ich schwöre bei Gott“ beim Lügen).
Im Namen Jahwes zu schwören, wenn man es im besten Wissen und Gewissen tut, war im Alten Testament kein Problem – Gott wünscht es sich sogar:
Und es soll geschehen, nachdem ich sie herausgerissen habe, will ich mich wieder über sie erbarmen und will sie wieder heimführen, jeden zu seinem Erbteil und jeden in sein Land. Und es wird geschehen, wenn sie die Wege meines Volkes eifrig gelernt haben, sodass sie bei meinem Namen schwören: ‚So wahr der HERR (Jahwe) lebt!‘, so wie sie mein Volk auch gelehrt haben, beim Baal zu schwören, so sollen sie inmitten meines Volkes aufgebaut werden. Wenn sie aber nicht gehorchen wollen, so will ich ein solches Volk endgültig ausrotten und vertilgen! spricht der Herr. (SCHL2000, Jer 12,15–17)
Klar ist, dass das Gebot selbst nur den falschen Gebrauch verbietet, nicht den richtigen Gebrauch gebietet. Im Griechischen Text des Neuen Testaments kommt der Name „Jahwe“ nicht ein einziges Mal vor – und auch Jesus hat ihn höchstwahrscheinlich nicht verwendet. Zu seiner Zeit waren die Juden schon länger daran gewöhnt, ihn nicht zu nutzen, und Jesus hat sie an dieser Stelle nicht provoziert (sonst hätten wir sicher einen Fall in der Bibel, in dem die Pharisäer oder Sadduzäer ihn deswegen verklagt hätten). Das zeigt, wie kulturell bewusst und vorsichtig Jesus und die Apostel waren, die Juden nicht unnötig zu provozieren.
Aber nur weil Jesus und die Apostel den Namen in einem stark jüdischen Kontext nicht verwendeten, bedeutet das, dass wir ihn auch nicht in einem nicht-jüdischen Kontext verwenden dürfen?
Würde es nicht viele Bibeltexte klarer machen und Gespräche über Gott persönlicher gestalten, wenn wir den Namen „Jahwe“ verwenden würden?
Der Sabbat
Beim Sabbat sehen wir interessanterweise genau das Gegenteil wie beim Namen. Die Ähnlichkeit besteht darin, dass beides nicht mehr „genutzt“ wird – weder der Name Gottes noch der Sabbat. Aber der Unterschied ist, dass das Nichtnutzen des Namens das Gebot nicht direkt übertritt, während das Nichthalten des Sabbats ganz klar ein Bruch des Sabbats ist.
Jesu Verhalten ist hier wieder interessant. Beim Namen Gottes hat Jesus es scheinbar akzeptiert und wollte nicht anecken, indem er ihn nicht (öffentlich) verwendete. Beim Sabbat jedoch war Jesus ganz anders. Die übertriebenen Schutzgesetze, die die Juden um den Sabbat herum aufstellten und die den Sabbat zur Last machten, waren zu viel. Hier hat Jesus regelmäßig aus jüdischer Sicht den Sabbat „gebrochen“. Die meisten Heilungen Jesu, die in den Evangelien berichtet werden, finden am Sabbat statt.
Dennoch nennt sich Jesus „Herr des Sabbats“.
Tatsächlich ist die Definition des Sabbats im Text gar nicht so einfach. Es ist klar, dass er von Freitag Sonnenuntergang bis Samstag Sonnenuntergang gehalten werden soll – und dass man während dieser Zeit nicht seine normale Arbeit der anderen sechs Tage tun soll. Aber es ist nicht ganz klar definiert, was diese Arbeit ist. Es wird das gleiche Wort verwendet, das für kreative Arbeiten beim Bau der Stiftshütte verwendet wird, das aber sonst selten in der Bibel vorkommt.
Wahrscheinlich beinhaltet es die Arbeit, die man normalerweise für seinen Broterwerb macht, aber darüber hinaus? Heilen und Ähren raufen, um sie direkt zu essen, ist offensichtlich kein Sabbatbruch, da die Bibel eindeutig ist, dass Jesus keine Gebote Gottes übertreten hat. Aber wo ist die Grenze? Was darf man tun? Was darf man am Sabbat nicht tun?
Und vor allem: Warum hat Gott es nicht klarer definiert?
Das Gebot ist so wichtig, dass das Brechen der Sabbate als einer der Hauptgründe für das Exil in Hesekiel und den anderen Propheten genannt wird – und dennoch ist es so schwammig definiert. Die meisten Christen halten ihn gar nicht mehr oder haben ihn auf einen anderen Tag verschoben (wofür es keine biblische Berechtigung gibt) – aber dennoch ist er so unscharf definiert, dass wir bei vielen Handlungen nicht 100% klar sagen können, ob sie ein Sabbatbruch sind oder nicht.
Wie leben wir am besten in dieser Spannung?
Wie können wir Sabbathalter sein, ohne in das Extrem der Pharisäer zu fallen, das Jesus kritisiert hat, aber auch ohne willkürlich zu entscheiden und ihn damit gar nicht mehr zu halten?
PS: Heute habe ich auch ein Video zum Sabbat auf dem Videoblog „Endzeitbotschaft.de“ – einige interessante und wertvolle Gedanken zum Sabbat von Martin Pröbstle: Das Comeback des Sabbats.