Deuteronomium 2,1-12
Eigene Übersetzung
1) Und wandten uns und brachen auf Richtung Wüste auf dem Weg des Schilfmeers. So wie Jahwe es mir gesagt hatte. Und wir umrundeten das Berglang Seir viele Tage lang.
2) Und Jahwe redete zu mir und sprach:
3) Ihr habt dieses Bergland lange genug umrundet, wendet euch nach Norden!
4) Und dem Volk gebiete: Ihr überquert die Grenze eurer Bruders, der Söhne Esaus, die in Seir wohnen. Sie werden sich vor euch fürchten ihr aber sollt sehr vorsichtig sein.
5) Kämpft nicht mit ihnen, denn ich gebe euch von ihrem Land nicht einen Fuß breit, denn ich habe es Esau das Bergland Seir als Besitz gegeben.
6) Essen sollst ihr euch von ihnen mit Silber kaufen und es essen, auch Wasser sollt ihr von ihnen mit Silber kaufen und es trinken.
7) Denn Jahwe dein Gott segnete dich in allen Werken deiner Hände. Er kannte all dein Wandern durch diese große Wüste, diese vierzig Jahre ist Jahwe dein Gott mit dir gewesen und dir hat nichts gefehlt.
8) Da zogen wir vorbei an unseren Brüdern den Söhnen Esaus, die in Seir wohnen von dem Weg durch den großen Afrikanischen Grabenbruch von Elat und Ezjon-Geber hinweg. – Und wir kehrten um und überquerten den Weg der Wüste Moabs.
9) Und Jahwe sprach zu mir: Greift Moab nicht an, und kämpft nicht mit ihnen im Krieg, denn ich gebe euch von ihrem Land keinen Besitz, denn ich habe Ar den Söhnen Lots als Besitz gegeben.
10) Die Emoniter wohnten dort zuvor, ein großes, zahlreiches und hohes Volk, wie die Anakiter
11) Zu den Rafaiter wurden sie gerechnet genauso wie die Anakiter. Die Mohabieter aber nannten sie Emiter.
12) Und in Seir wohnten zuvor die Horiter, aber die Söhne Esaus haben sie vor sich her vertrieben und zerstört und sich an ihrer Stelle niedergelassen, so wie es auch Israel mit dem Land tat, das Jahwe ihnen gegeben hat.
Gedanken zum Text
Diese Texte sind mir erst vor wenigen Jahren so richtig aufgefallen. Zuvor hatte ich das Bild, dass Jahwe nur Israel segnete und leitete, während er alle anderen Völker in ihrem Götzendienst allein ließ. Aber so stellt die Bibel Gott hier nicht dar. Er ist der Gott über alle, selbst über die Völker, die in den Götzendienst verfallen sind und ihn nicht annehmen. Dennoch hält er sie in seiner Hand und teilt auch ihnen ihr Land zu. Wie Jesus in der Bergpredigt bemerkt, lässt Gott über Gerechte wie Ungerechte regnen, und ebenso gibt er sowohl Gerechten als auch Ungerechten ihr Erbe.
Manchmal kann diese Sichtweise herausfordernd sein. Auf der einen Seite ist es beruhigend zu wissen, dass Gott alles in der Hand hält. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage: Warum segnet Gott dann die anderen so sehr? Warum mühe ich mich ab, Gottes Wege zu gehen, während es anderen, die das nicht tun, viel besser geht?
Warum erhielt Esau sein Erbteil bereits nach wenigen Generationen, während Israel in Ägypten schuften musste?Für die Generationen, die in Ägypten geboren und gestorben sind, gab es während ihres gesamten Lebens nicht den Segen, den Israel später durch das verheißene Land erhielt. In unserer individualistischen Kultur wünschen wir uns doch, dass es uns persönlich gut geht. Und während es für Kollektivisten vielleicht einfacher ist, das große Ganze zu sehen und über Generationen hinweg zu blicken, wollen auch sie sicher, dass es ihnen selbst gut geht. Was bringt es da, ein Versprechen zu haben, dass Gott irgendwann nach meinem Tod das Volk ins verheißene Land bringt?
Interessant finde ich die Antwort des Buches Hiob auf diese Fragen. Hiob leidet enorm, und dennoch erklärt Gott ihm nie, warum er gelitten hat. Das ganze Buch stellt immer wieder die Frage: Ist Gott gerecht? Wenn ja, dann sollte es dem Gerechten doch gut gehen, und nur der Sünder sollte leiden.
Am Ende des Buches erscheint Gott und antwortet Hiob. Doch wenn man Gottes Antwort genau betrachtet, geht es nicht darum, dass er sagt, er sei gerecht, sondern dass Gott weise ist. Er ist der Schöpfer, hat alles in der Hand und ist weise in seinen Entscheidungen. Kann diese Antwort auch für uns ausreichend sein? Ja, natürlich ist Gott gerecht, das betont die Bibel an vielen Stellen. Können wir aber auch auf seine Weisheit vertrauen? Oft verstehen wir nicht, warum Gott etwas zulässt, warum uns bestimmte Dinge widerfahren oder warum es anderen so viel besser geht. Aber Gott ist weise, und selbst wenn wir es nicht verstehen, können wir darauf vertrauen, dass er keine Fehler macht und seine Entscheidungen besser sind als unsere.
Als ich in die Pflegefamilie kam, in der vieles nicht gut lief und ich mittlerweile glaube, dass das Jugendamt ihnen das Recht entzogen hätte, Pflegekinder zu haben, wenn es manches gewusst hätte, dachte ich: „Wenn Gott das zulässt, dann ist es auch gut so.“ Dieser Gedanke hat mich durch diese Zeit getragen, und im Nachhinein denke ich, dass es trotz aller Ungerechtigkeit nicht schlecht für mich war.
Ich möchte Gott weiterhin so vertrauen. Gott ist weiser als ich – aber ich kann ihm vertrauen, selbst wenn er andere, die weniger gerecht erscheinen, mehr segnet als mich.